Jakobsweg

15. Tag

Verletzungsbedingter Aufenthalt in Santander

Ich hänge durch und (Selbst)Zweifel machen sich in mir breit. Das linke Bein ist annähernd schmerzfrei, nur das Rechte ist noch immer nicht in Ordnung und beim Gehen scheine ich automatisch eine Schonhaltung einzunehmen, da sich jetzt nach wenigen Metern auch noch das rechte Knie zu Wort meldet. Mittlerweile ist noch eine leichte Erkältung hinzu gekommen und irgendwie bin ich einfach nur erschöpft. Ja, Erschöpfung ist so eins dieser Worte, die ich an mir schwer akzeptieren kann und vor der ich auch immer wieder flüchte. Was ist das genau, was mir dabei so angst macht? Fünf Jahre habe ich zuletzt durchgearbeitet und in dieser Zeit lediglich einen Tag krankheitsbedingt gefehlt und heute merke ich, wie sich weder mein Körper, noch mein Kopf dieser Erschöpfung entziehen kann. Zweifel machen sich breit, altbewährte Muster wie Angst nicht zu genügen, nicht gut genug zu sein, tauchen unvermittelt auf. Mein Verstand hat jetzt viele passende Antworten und Tipps parat, aber irgendetwas in mir kann all diese Ratschläge gerade nicht annehmen. Ich habe sehr viel gearbeitet und ich habe einen anstrengenden Trip in Angriff genommen und eigentlich gar kein Wunder, dass sich sowohl eine physisch, als auch psychische Ermüdung breit gemacht hat. Die Frage ist vielmehr warum es mir so schwer fällt sie wahrzunehmen und vielleicht sogar willkommen zu heißen. Morgen steht wohl eine schwierige Entscheidung für mich an, muss ich um 8:00 Uhr morgens wieder mal festlegen, ob ich den Camino fortsetzen kann oder ob die Pause verlängert werden muss. Spart Euch bitte an dieser Stelle die Ratschläge, ich kenne die Empfehlungen bereits. Dennoch muss ich sagen, dass ich Eure Kommentare so sehr schätze und sie mir wirklich helfen und ich mich über jeden Einzelnen sehr freue. Da schreiben Familie, Freunde, Bekannte, alte Schulkameraden, Facebook Freunde, Landauer und sogar Fremde, die zufällig (Nein, Zufälle gibt es nicht) auf meinen Blog gestoßen sind und lassen mir so wunderbare Worte da und tragen mich dadurch auch immer ein Stück weiter. Vielen lieben Dank dafür!

Da bin ich aktuell sehr selbstbewusst deutschlandweit auf Werbeplakaten zu sehen und gleichzeitig bin ich innerlich gerade eher das Gegenteil. Wie oft stimmt eigentlich bei Menschen das Bild nach außen mit dem inneren Bild überein und warum fällt es uns so schwer unsere Schwächen zu zeigen? Umgekehrt, wie oft stecken wir Menschen in eine Schublade und urteilen über sie? Ich kann mich erinnern schon früh als arrogant gegolten zu haben, weil man wahrscheinlich meine Schüchternheit eher als was überheblich, arrogantes ausgelegt hat. Ja, man kann für Werbeplakate vor die Kamera treten, im Fernsehen in eine Dating Show gehen und gleichzeitig sehr unsicher und schüchtern sein. Ich ertappe mich auch ständig dabei, Menschen direkt in eine Schublade packen zu wollen und gerade hier auf dem Camino haben sich die Menschen meist als was ganz anderes entpuppt, als das was sie im ersten Moment schienen.

Fazit des Tages: Die Schale verrät meist nur wenig über den Kern.

Memo an mich: Du bist erschöpft, nimm es wahr und urteile nicht darüber. Es ist nicht nötig es zu beurteilen, es ist einfach da.

5 Kommentare

  • Frieda

    Hey, weiterhin gute Besserung. Deine gut reflektierte Selbstwahrnehmung ist einer der vielen – in jeder Hinsicht – schmerzenden Schritte. Du bist auf einem guten Weg.

  • Julia

    Ja diese Selbstzweifel….aber du bist auf dem richtigen Weg! DU hast schon so viel geleistet, bist aus manchen Tiefs aufgestanden, hast Zähne gezeigt. Du wirst auch diese Hürde meistern!
    Wünsch dir weiterhin gute Besserung

  • Hans Gundermann

    Wünschen dir nur das beste nimm es wie es kommt mach Pause wenn du sie brauchst hör auf deinen Körper und sei du selbst und bei dir . Du machst das schon sei stolz auf das was du schon geschafft hast. Einfach nur ganz liebe Grüße Hans und Christine

  • Carmen

    Lieber Andreas
    Höre auf deinen Körper,er sagt Dir wann es für dich weitergehen kann .
    Dein Wille und Ehrgeiz wollen weiter , nicht versagen ,dein Körper aber zwingt dich zu pausieren ,schreit Stopp ,Erb äd dich zum nachdenken ein ,möchte das deine Physe und Psyche zur Ruhe kommen um erholt und mit noch mehr Kraft mit Dir weiter auf deinen Weg gehen zu können ?
    Höre auf deinen Körper nimm deine Schmerzen dankbar an ,er sagt Dir wann es weitergeht mit euch

    Mein Fazirt
    Ist der Körper gesund und es geht ihm gut hat die Seele Lust darin zu wohnen ?

    Wünsche dir einen schönen Tag
    Genießen, Genießen ??

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