Weisheiten

Es ist was es ist

Liebe ist ein Gefühl und Gefühl kommt von fühlen und fühlen ist eine psychologische Grundfunktion des Menschen. Wie kann also ein Gefühl richtig oder falsch sein? Ein Gefühl ist ein Gefühl, es gibt kein richtig oder falsch, es ist einfach da.

Warum müssen wir Gefühle dennoch oft bewerten oder gar (ver)urteilen? Macht es uns Angst oder unsicher, wenn andere nicht der „Norm“ entsprechen? Und wer bestimmt überhaupt, was der Norm entspricht und was nicht?

Ich selbst habe lange Zeit innerlich dagegen (an)gekämpft, dass ich wahre Liebe eher für einen Mann, als für eine Frau empfinden kann. Gekämpft ist hier tatsächlich das richtige Wort, ich wollte lange Zeit einfach nur „normal“ sein, weil die Gesellschaft mir suggerierte, dass ich nicht „normal“ sei. Aber ich konnte einfach keine tiefen Gefühle für Frauen empfinden und habe immer versucht mich selbst zu manipulieren. Gefühle für Männer waren (von mir) nicht erlaubt und ich habe es tatsächlich über viele Jahre geschafft diese Gefühle zu unterdrücken bzw. ganz abzuschneiden. Aus heutiger Sicht finde ich das sehr tragisch und traurig. Ich habe versucht mir ein Gefühl zu verbieten und habe mich damit wieder einmal selbst bekämpft. Wie kann so ein Gefühl falsch sein? – Es ist, was es ist, es ist ein Gefühl!

Ich bin froh, dass ich Liebe empfinden kann und ich bin sehr dankbar, dass ich erfahren durfte, wie es sich anfühlt, einen Menschen aufrichtig zu lieben. Heute weiß ich, dass ich trotzdem „normal“ bin, auch wenn ich zu einer Minderheit gehöre, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Es sind (meine) Gefühle und Gefühle können nicht falsch sein – sie sind wie sie sind!

Nicht alles muss zu uns passen und schon gar nicht müssen wir alles auch selbst leben , aber warum können wir nicht einfach akzeptieren und nicht gleich bewerten, wenn sich zwei Menschen lieben? Liebe hat viele Facetten und so unterschiedlich die ganzen Konstellationen auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam und das ist die Liebe.

An dieser Stelle möchte ich gerne mein Lieblingsgedicht von Erich Fried „Was es ist“ einfügen:

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

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