Jakobsweg

29. Tag

Soto du Luiña – Luarca 34 Km (8,5)

Eine wunderschöne Landschaft und der Kampf gegen die Schmerzen, so lässt sich der 29. Tag in einem Satz zusammen fassen. Mein Rückflug ist für den 25. Mai gebucht und daher muss ich mittlerweile rechnen und taktieren, um mein großes Ziel Santiago de Compostela noch erreichen zu können. Vor der heutigen Etappe waren noch 275 Km zu laufen und so beschloss ich trotz der starken Schmerzen im linken Schienbein los zu laufen. Am Ende bin ich 24 Kilometer gelaufen und dann noch weitere 11 Km mit dem Bus in die nächste Pilgerherberge gefahren. Somit verbleiben aktuell 240 Km und 10 Tage. Ohne Handicap absolut realistisch und realisierbar. Nun ist es aktuell aber so, dass die Schmerzen zu stark sind und mein Knöchel nicht wirklich mehr erkennbar ist. Ich muss meinem Bein also eine Pause gewähren und darauf hoffen, dass ich anschließend schmerzfrei (oder zumindest mit erträglichen Schmerzen) in längeren Etappen nach Santiago laufen kann. Stand heute tendiere ich zu zwei Tagen Pause. Aufgeben ist weiterhin keine Option, ich will es schaffen!

Vor ein paar Tagen traf ich den Schotten Wayne und wir liefen gemeinsam mit der Finnin Emma eine Etappe und kamen dabei ins Gespräch. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten, beide im gleichen Alter, sportlich, sehr ehrgeizig und jeweils eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Während es bei mir Mutiple Sklerose ist, ist es bei ihm eine sehr ähnliche Krankheit. Wayne schrieb mir gestern eine Nachricht, dass er abbrechen musste, er hatte sich drei gebrochene Zehen und eine Nervenschädigung zugezogen. Da wir so ähnliche Typen sind, weiß ich wie schwer diese „Aufgabe“ für ihn gewesen sein muss. Ich möchte gerne für mich und Wayne den Weg zu Ende bringen und ich hoffe die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es geht nun darum die Balance zwischen unbedingtem Willen, Ehrgeiz und Rücksicht auf die Gesundheit zu finden. Ich vertraue darauf, dass ich diesen Weg finden werde.

Was landschaftlich auf der Etappe von Soto du Luiña und Luarca geboten wurde, war vom allerfeinsten. Idyllische Wege über Stock und Stein führten mich immer wieder an wunderschöne Strände. Es war ein Traum und über Stunden war ich mit mir und der Natur alleine.

In Luarca kam ich dann mit Inge aus Dresden in ein Zimmer und ihr Sohn ist in meinem Alter, was bedeutet, dass Inge etwa im Alter von 70 Jahren sein muss. Sie ist nach mir gestartet und läuft täglich Etappen von 35 Kilometern und mehr. Was Inge und alle anderen (mich kann ich mittlerweile auch einschließen) hier leisten verdient meinen größten Respekt und ich wünsche jedem Einzelnen buen Camino!

Ein Kommentar

  • Martin Liebeskind

    Warum setzten Sie sich mit dem Rückflugtermin so unter Druck? Was hindert Sie daran die restliche Zeit und die Ankunft am Zielort zu geniesen?

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