Jakobsweg

4. Tag

Zumaia – Mutriku 21 km (7,15 Std.)

Heute habe ich zwei Themen und erzähle Euch gerne, was mir auf der heutigen ländlichen Etappe begegnet ist. Ich hatte Euch ja erzählt, dass ich die letzten zwei Tage mit meinem Pilgerbruder Julien unterwegs war und als ich heute Morgen aufwachte, war mir plötzlich klar, dass ich heute alleine und auf mich gestellt unterwegs sein wollte. Es war also an der Zeit, meinen Weggefährten loszulassen und mich wieder einmal aus meiner Komfortzone zu bewegen. Die ersten Minuten machten mir tatsächlich Angst und mir wurde wieder einmal bewusst, dass eines meiner großen Themen das Loslassen ist. Überraschend schnell konnte ich mich an diesem Morgen aber wieder mit dem Alleinsein anfreunden und genoss meine Wanderung in vollen Zügen. Einmal beim Thema Loslassen angekommen, beschäftigte ich mich mit der Trennung von meinem Ex-Partner und der Bereitschaft, ihn nach fünf wunderbaren gemeinsamen Jahren in Liebe loszulassen. Er ist nun auf seinem Weg und ich wünsche ihm alles Glück der Welt. Er ist ein wunderbarer Mensch und ich bin dankbar für die fünf Jahre, die ich an seiner Seite verbringen durfte. Gute Reise mein lieber Freund! Wir gehen jetzt getrennte Wege, aber die Vergangenheit wird immer unser gemeinsamer Weg bleiben.

Das zweite Thema, das mir heute begegnet ist, ist Vertrauen. Dazu möchte ich mein heutiges Erlebnis schildern. Am Morgen war ich 1,5 Stunden unterwegs, als mitten im Niemandsland zwei Schilder standen. Rechts ging es weiter auf dem Jakobsweg und in die entgegengesetzte Richtung zeigte ein Pfeil 1000m bis zu einem Café. Obwohl es die falsche Richtung zu sein schien, hatte ich schnell den Drang, nach links in Richtung des Cafés zu laufen. Es ging steil bergab und ich konnte mir nicht vorstellen, dass hier im Nirgendwo noch ein Café sein sollte. Nach ca. 500m blieb ich stehen und überlegte, ob ich nicht umkehren sollte, schließlich wäre ich dann nur 1000m (500m bergab und wieder zurück) umsonst gelaufen. Dann kamen mir zwei Gedanken, erstens würde ich nie erfahren, ob es das Café wirklich gibt, wenn ich jetzt umkehren würde und zweitens sagte mir eine innere Stimme, dass ich Vertrauen haben soll und alles so kommen wird, wie es für mich richtig ist. Also lief ich weiter und irgendwann kam ich tatsächlich an ein altes Häuschen. Ich ging zur Tür, aber sie war verschlossen. Etwa fünf Meter weiter saß ein alter Mann auf einer Holzbank und erklärte mir mit Händen und Füßen, dass das Café zehn Minuten später öffnen würde. Tatsächlich öffnete das Café kurze Zeit später und was sich mir bot, war unglaublich. Wunderschöne Räumlichkeiten und eine spanische Gastgeberin, die mir ohne konkrete Bestellung ein Frühstück servierte. Es gab frischen Apfelsaft aus eigener Herstellung, Kaffee, Wasser, getoastetes Weißbrot, Salami, Käse, Olivenöl, frische Äpfel, Kekse und kleine Törtchen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, wie wunderbar das Frühstück geschmeckt hat und wie wohl ich mich im „Café am Rande der Welt“ gefühlt habe. Übrigens ist „Das Café am Rande der Welt“ eines meiner Lieblingsbücher und heute auch mein Lesetipp. Ich hatte einen Impuls und das Vertrauen, und es kam viel besser, als ich es mir hätte wünschen können.

Diese zwei Kilometer „Umweg“ haben sich mehr als gelohnt und ich wurde für mein Vertrauen in das Gute so reich beschenkt.

Fazit am Ende des vierten Tages: lass los und hab Vertrauen.

Buen Camino ❤️

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