Jakobsweg

Ein Freund, ein guter Freund

Heute berichte ich zunächst von den Tagen vor Antritt der Reise und welche Auswirkungen der bevorstehende Trip auf meinen Geist und Körper hatte. Eine Woche vor Abreise war ich geradezu euphorisch und ich war voller Vorfreude und Adrenalin. Wenige Tage vor dem Start meldete sich dann mein Körper und entwickelte innerhalb kürzester Zeit die unterschiedlichsten Symptome und parallel dazu fing der Kopf an zu arbeiten und Ängste kamen hoch. Mir ging es nicht gut und Enttäuschung machte sich bei mir breit. Sollte mich mein Körper so kurz vorm Start etwa hängen lassen? Nach der ersten Enttäuschung ging ich in mich und nahm zunächst einmal die unterschiedlichen Symptome wahr und versuchte sie nicht zu bewerten sondern sie einfach mal so stehen zu lassen und anzunehmen. Ich ignorierte sie nicht, aber ich versuchte ihnen auch nicht mehr Raum als nötig zu gewähren. Mein Geist und mein Körper setzten sich mit der bevorstehenden Reise auseinander und dies bekam ich deutlich zu spüren! An meinem Geburtstag war dann Abreisetag und morgens war ich extrem nervös und angespannt und so ging es für mich dann zunächst nach Stuttgart, um dort in Flughafennähe zu übernachten. Kaum in Stuttgart im Hotel eingecheckt wurde ich ruhiger und es schien so, als würde dort für mich der Trip beginnen. Kopfschmerzen verschwanden und mein ganzes System schien etwas herunter zu fahren. Wieder einmal wurde mir deutlich, wie unser Körper und Geist arbeiten und wie sie sich gegenseitig beeinflussen.

Heute Morgen ging es dann um sechs Uhr an den Flughafen nach Stuttgart, von wo aus ich dann nach Bilbao geflogen bin. Ich war immer noch sehr ruhig und konnte entspannt den Flug genießen und gemütlich vor mich hin dösen. Am Flughafen löste ich mir dann ein Busticket an den Busbahnhof von Bilbao und stellte mich zu den anderen wartenden Reisenden. Hier kam ich kurzerhand mit dem 21 jährigen Jens aus dem Schwäbischen ins Gespräch und schnell merkte ich seine große Anspannung. Sein erster großer Trip alleine und schnell war klar, dass wir für die ersten Stunden in Bilbao zu einem Team werden würden. Wir liefen drei Stunden gemeinsam durch Bilbao, gingen gemeinsam was essen und Kaffee trinken und erzählten uns voneinander. Für sein Alter hatte Jens tolle Ansichten und nach und nach konnte ich spüren, wie seine große Anspannung nachgab und auch er immer ruhiger wurde. Dann war es Zeit sich zu trennen, da wir unterschiedliche Zielorte hatten und so ging jeder wieder seinen eigenen Weg. An dieser Stelle wünsche ich Jens eine tolle Zeit hier in Spanien und freue mich, dass wir jeweils unsere erste Begegnung auf dem Camino waren.

Für mich ging es dann schließlich mit dem Bus weiter nach Irun, wo ich für eine Nacht eine Pension gebucht habe. Sowohl Irun, als auch die Pension sind sehr ernüchternd und während um die komplette Pension ein Baugerüst steht, wirkt Irun auf den ersten Blick eher grau und nicht sehr einladend. Ich habe meine bescheidene Unterkunft mittlerweile bezogen und versuche sie dennoch auch etwas lieb zu haben. Liebevoll nenne ich mein Zimmer daher „die kleine Baracke“ und immerhin kann ich heute Nacht noch einmal alleine in einem Zimmer schlafen.

Morgen früh startet meine erste Etappe von Irun nach…… keine Ahnung wohin und ich bin gespannt was mich auf meiner ersten Etappe so alles erwartet.

Eine Frage konnte ich mittlerweile für mich klären. Was möchte ich auf dem Jakobsweg? Ich möchte mir hier ein guter Freund sein und ich möchte gerne nach diesem Abenteuer zurück kommen und in mir einen guten Freund gefunden haben.

5 Kommentare

  • Mario

    Ich wünsche Dir, dass Du vor allem gesund bleibst und stets Spaß am Camino behältst. Dann findest Du den inneren Freund ganz sicher

    • Susanne

      Wahnsinn! Hut ab vor Deinem Mut und Deiner Entschlossenheit. Du wirst sicherlich eine tolle Entwicklung durch machen und ein Stück weit ein anderer Mensch werden.
      Dafür alles erdenklich Gute und noch viele tolle Begegnungen……

  • Beatrix

    Lieber Andreas,

    Du schreibst schonungslos ehrlich, es ist schön dass ich und viele andere so nah daran teilnehmen dürfen.
    Ich wünsche Dir weiterhin so viel positive Gedanken, egal wie traurig es um Dich herum ausehen mag ?

  • Susanne

    Hut ab vor so viel Mut und Entschlossenheit….
    Die vielen schönen Eindrücke wird Dir nie jemand nehmen können und Dir über die eine oder andere Blase am Fuß hinweg helfen ?
    Ganz viel Spaß und danke, dass wir Dich begleiten dürfen……

  • Wendy Köhler

    Lieber Andreas es ist schön das ich jeden Tag von dir lesen können. Mach weiter so ich habe dich auch sehr lieb.
    Bleib gesund bis morgen Mama

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