Jakobsweg

Manchmal fallen wir, um anschließend aufgefangen zu werden.

Wie bereits berichtet, habe ich am Ende des gestrigen Tages versehentlich online eine Unterkunft genau an dem Ort gebucht, an dem ich wenige Stunden zuvor gestartet war. Da stand ich nun und konnte nicht glauben, dass mir so etwas passieren konnte und mir war schnell klar, dass ich den Weg nicht mehr zurücklaufen würde. Also fragte ich im Café gegenüber der Bushaltestelle, ob es einen Bus zurück nach Viana do Castelo gäbe und der Wirt antwortete mir um 18:00 Uhr. Kurzerhand bestelle ich mir einen Kaffee und warte bis kurz vor 18:00 Uhr, dann stelle ich mich an die Haltestelle auf der anderen Straßenseite. 18:05 Uhr, immer noch kein Bus. 18:10 Uhr, ich habe das Gefühl, dass kein Bus kommt. 18:15 Uhr wieder im Café und frage den Kellner erneut nach dem Bus. In 5 Minuten kommt er, erklärt er mir mit Händen und Füßen. 18:30 Ich stehe an der Bushaltestelle und friere. Wieder ins Café mit der Frage, ob man mir bitte ein Taxi bestellen könne. Kein Problem, Taxi soll in 10 Minuten kommen. Kurz vor 19:00 Uhr kommt das Taxi und ich zeige die Adresse meiner Buchung und bin froh, gleich in meiner Unterkunft anzukommen. Im Autoradio läuft ein Lied. Es berührt mich und nach ein paar Tönen weiß ich, das wird mein Camino-Lied.

Das Taxi hält und ich laufe zur Rezeption. „Tut mir leid, wir haben keine Reservierung auf Ihren Namen.“ Warum wundert mich das nicht? Ich zeige noch einmal meine Buchungsbestätigung und der Mann klärt mich auf, dass es die Pension mit dem gleichen Namen ist und nicht dieses Hotel hier. Es ist nicht weit und endlich bin ich da. Ich werde sehr offen und freundlich empfangen und bekomme mein Zimmer gezeigt. Es ist genau nach meinem Geschmack und ich fühle mich gleich sehr wohl hier. Später esse ich noch etwas im hauseigenen Restaurant und gehe dann ins Bett. Um 4:00 Uhr wache ich auf und beschließe, noch einen Tag hier zu bleiben. Warum sollte ich nach Viano do Castelo zurückkehren und war es vielleicht doch kein Zufall? Am Morgen bekomme ich ein herrliches Frühstück serviert und bin die Ruhe selbst. Was hatte ich hier am Vortag nicht gesehen? Richtig, ich war nicht auf dem Berg Santa Luzia. Ich gehe zu Fuß hinauf, und als ich ankomme, werde ich Zeuge einer Hochzeit. Der Bräutigam steht mit seiner Mutter im Anzug vor dieser wunderschönen Kirche und wartet auf seine Braut, die kurz darauf in einem Oldtimer vorfährt. Ein schönes Paar und ich freue mich für die beiden. Sie sehen glücklich aus und ich darf ihrer Trauung beiwohnen. Danach gehe ich meiner heimlichen Leidenschaft, dem Fotografieren, nach und mache eine Schwarz-Weiß-Serie von Santa Luzia. Beim Fotografieren kann ich mich entspannen und mit meinen Augen etwas erschaffen. Ich bin von zu Hause aus gestartet, ohne zu wissen, wie weit ich laufen würde, und nachdem ich 2019 in Santiago angekommen bin, habe ich es für dieses Mal offen gelassen. Jetzt freue ich mich darauf, morgen wieder loszulaufen und mich auf den Weg nach Santiago zu machen. Letztes Mal fehlte mir die Zeit und die Kraft, um noch weiter nach Finistere und Muxia zu laufen, und auch dieses Mal werde ich mir das aufheben.

Den Rest der Strecke würde ich gerne laufen, wenn es soweit ist und vielleicht hat dann eine neue Liebe Lust, mit mir den Sonnenuntergang im Finistère zu beobachten.

Nach einem katastrophalen Tag bin ich genau in der richtigen Unterkunft gelandet und sie hat einen großen Anteil daran, dass ich aufgefangen wurde. Später sollte sich diese Geschichte noch als wahres Wunder herausstellen, aber dazu mehr in einem der nächsten Beiträge.

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