Jakobsweg

Manchmal können wir sogar unserem Engel begegnen.

Erinnert ihr euch noch, als vor ein paar Tagen alles schief ging und ich am Ende des Tages aus Versehen eine Unterkunft in dem Ort gebucht hatte, aus dem ich gerade gekommen war?

Wäre ich an diesem Abend nicht in einer Unterkunft angekommen, in der ich mich so wohl gefühlt hatte, hätte ich meinen Camino wohl an dieser Stelle beendet.

Am Ende blieb ich zwei Tage in Viano da Castelo und von da an hatte ich meinen Wendepunkt. Ich konnte die innere Wut und Trauer hinter mir lassen und fühle mich seitdem voller Liebe und Zuversicht.

Gestern habe ich euch erzählt, dass ich auf halber Strecke zum ersten Mal eine längere Strecke mit einer Pilgerin namens Linda aus den Niederlanden gelaufen bin. Am Ende des Tages sind wir in der gleichen Herberge abgestiegen und abends in Ribadeo zusammen essen gegangen.

Ich erzählte Linda von meinem Missgeschick mit der falschen Buchung und wie wichtig diese Herberge im Nachhinein für mich und meinen Camino war. Ich erzählte ihr weiter von dem tollen Frühstück und von meinem Zimmer, das mir so gut gefallen hatte.

Linda schaute mich erstaunt an und fragte mich nach dem Namen der Pension. Pensao O Laranjeiro, antwortete ich und plötzlich strahlte sie über das ganze Gesicht.

Linda war schon drei Tage in dieser Pension und schwärmte auch von diesem Frühstück und die Geschichte sollte noch schöner werden. Linda hatte diese Unterkunft ursprünglich für 5 Tage gebucht und entschied sich nach 3 Tagen trotz Buchung weiter auf dem Camino zu gehen.

Linda checkte also am Samstagmorgen aus und mein Chaostag war genau dieser Samstag, an dem ich dringend eine Unterkunft brauchte, in der ich zur Ruhe kommen konnte. Durch Lindas unerwartet frühe Abreise war es mir möglich, dieses Zimmer kurzfristig zu buchen.

Vor Ort habe ich mich dann entschieden, noch einen zweiten Tag in diesem Zimmer zu bleiben, was wiederum nur möglich war, weil Linda insgesamt zwei weitere Tage gebucht und dann wieder storniert hat.

Wie wahrscheinlich ist es dann, dass sich diese beiden Menschen in Spanien auf dem Camino treffen, mehrere Stunden zusammen wandern, in der gleichen Unterkunft einchecken und am Ende des Tages herausfinden, welche gemeinsame Geschichte sie verbindet?

Ich würde sagen, dass hier andere Kräfte am Werk waren und ich bin sehr dankbar, dass ich meinem Engel in der Person von Linda wirklich begegnen durfte.

Linda, es war mir eine große Freude und Ehre, dir begegnet zu sein.

Heute bin ich morgens alleine aufgebrochen und bin nun in Pontevedra angekommen und habe noch 65 Kilometer bis Santiago vor mir.

Unterwegs habe ich eine andere Pilgerin getroffen und sie hat mich freudestrahlend mit meinem Namen begrüßt.
Selma kennt mich von meinen Erzählungen aus einer Pilgergruppe und erkannte mich sofort.
Liebe Selma, verzeih mir, dass ich bei der Angabe des nächsten Cafés etwas geschummelt habe. Ich hatte das Gefühl, dass es für Dich besser ist, wenn ich Dir nicht die wahre Entfernung mitteile.
Ich hoffe, Du bist mit Deinem kaputten Bein trotzdem gut angekommen und kannst Dich jetzt ein wenig ausruhen.


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