Jakobsweg

Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Manchmal ist man einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Der Camino Portuguese und ich, das scheint nicht zu passen. Gestern Abend bin ich völlig durchnässt in Viano do Castelo angekommen und es hat auch abends nicht aufgehört zu regnen, so dass ich nicht mal irgendwo essen gehen konnte. Obwohl ich wusste, dass ich heute ausschlafen kann, war ich schon kurz nach 6 Uhr wach. Ich wollte weg, weg von hier und wohl auch weg von mir. Ich überlegte, zurück nach Porto zu fahren und aus dem Camino vielleicht einen Städtetrip zu machen. Am späten Vormittag machte ich mich mit meinem Rucksack auf den Weg in die Stadt und hatte bereits die Abfahrtszeit des Zuges nach Porto in der Tasche. Woher kommt dieser Fluchtreflex und wovor laufe ich im wahrsten Sinne des Wortes davon? Natürlich weiß ich es insgeheim und doch dachte ich, ich wäre weiter. Wie viele hundert Kilometer muss ich noch laufen? Gleichzeitig hadere ich mit mir, weil ich mich im Moment nicht wirklich auf den Jakobsweg und die Schönheit der Natur einlassen kann.
Ich schlendere durch Viano do Castelo und beschließe, dass ich aufhören muss, bis zur Erschöpfung zu laufen und plötzlich lässt sich die Sonne wieder blicken. Ich gehe bewusst sehr langsam und irgendwann laufe ich doch nicht zum Bahnhof, sondern weiter den Camino entlang. In meinem Reiseführer entdecke ich eine Unterkunft, die mich sehr anspricht und die nur knapp 10 Kilometer entfernt sein soll. Heute soll es also gemütlich werden und ich möchte zu diesem Wohlfühlort. Ich frage früh bei der Unterkunft an und bekomme leider die Auskunft, dass die Unterkunft bereits ausgebucht sei. Das wirft mich wieder aus der Bahn und das Chaos nimmt seinen Lauf. Ich finde einfach keine Unterkunft und schon gar keine, die in mein Budget passt.

Mittlerweile habe ich nur noch wenige Prozent Akku auf meinem Handy und versuche nun über booking.com wenigstens noch ein Hotel oder Pensionszimmer zu finden. Wieder weit über Pilgerpreisen buche ich mit den letzten Prozent Akku eine Unterkunft. Das Durcheinander in meinem Kopf und der Druck des leeren Akkus lassen mich anscheinend völlig den Kopf verlieren und so stelle ich kurz nach der Buchung fest, dass ich eine Unterkunft in genau dem Ort gebucht habe, von dem ich gerade losgelaufen bin. Herzlichen Glückwunsch! Soll ich lachen oder weinen? Ich glaube, der Camino Português und ich, das passt einfach nicht zusammen. Ich bin leer, so leer wie mein Akku. Ich weiß nicht, worüber ich mich mehr ärgern soll, dass Pilgern hier in Portugal bisher ein teures Vergnügen ist oder dass ich gerade so kopflos bin. Vor zwei Jahren hatte ich einen wunderbaren Camino del Norte an der Nordküste Spaniens und diesmal will es einfach (noch) nicht so passen. Es wird Gründe dafür geben und vielleicht finde ich sie noch heraus.

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